Rosszko. Es war zauberhaft. Er war zauberhaft. Ich habe ihn nur ganz klein gesehen, aber das macht nichts, auf der Leinwand war er riesengross. Rosszko ist riesengross. Seine Rede war riesig. Er hat uns die Hoffnung wiedergegeben. Die Hoffnung, dass etwas ändert. Was sage ich? Die Hoffnung? Er hat etwas geändert. Rosszko. Rosszko ist der neue Übermensch, jedenfalls sehe ich das so. Rosszko verkörpert, was wir alle, alle verkörpern wollen, was wir verkörpert wissen wollen. Die neue Einheit, die weltumspannende Einheit. Rosszko hat das auch so gesagt. Und wir, die wir alle vereint dort waren, auf dem zentralen Platz, haben das alle auch so gefühlt. Wir haben gefühlt, dass Rosszko nicht einfach Chef einer weit entfernten Regierung ist, sondern dass er uns nahe kommt. Rosszko war hier.
Sein Flugschiff ist Symbol dieser Einheit, und die Flugschiffregierung ist die Regierung der Welt. Sie schwebt über der Welt.
Das Flugschiff wird von einer Eskorte begleitet. Und Angriffe können abgewehrt werden. Das langsam, ja beinahe träge sich bewegende Flugschiff ist Symbol geworden für die Verlangsamung der Geschichte. Noch ist sie nicht zu Ende. Aber das Flugschiff kann jede Region besuchen. Kann auch die entfernteste Region, das unbedeutendste Dorf aufsuchen. Rosszko kann im Schiff arbeiten. Es ist so gebaut, dass es nicht abgeschossen werden kann. Selbst wenn es getroffen würde. Es ist Regierungssitz. Eskortiert aus der Ferne von bewaffneten Helikoptern. Oder immunisiert. Ich weiss nicht, wie das gemacht wird. Aber: Rosszko ist unverwundbar.
Ja, wir sind hingegangen, meine Schwestern und ich. So was kommt ja nur einmal im Leben vor. Wir haben alles gefilmt. Den Kleinen gab ich der Mutter. Es waren sicher Hunderttausend auf dem Areal. Rosszko hat sogar mit uns getanzt. Seit er die Regierung übernommen hat, ist er viel mehr an der Öffentlichkeit. Vorher kannte man ihn gar nicht. Er ist ein guter Tänzer; Sie können die Bilder herunterladen. Wie er tanzt. Rosszko hat uns Mut gemacht. Denn das mit den Banken scheint nicht ganz gut zu laufen, das hat jedenfalls mein Vater gesagt. Er traut Rosszko nicht. Ich weiss nicht warum, mein Vater hat wohl den Anschluss verpasst, obwohl er früher … Ich weiss nicht. Früher war er Politiker. In der Gemeinde. Und er war gegen Rosszko. Er hat gemeint, wir würden unsere Freiheit verlieren. Die nationale Freiheit. Aber was ist die nationale Freiheit? Die haben immer gestritten im Parlament. Und mein Vater war bei den liberalen. Bei den Rotliberalen. Die wollten mehr Rechte für die Bürger und Arbeiter. Aber Rosszko hat die Rechte nicht verändert. Im Gegenteil.
Wir brauchen nicht mehr zu wählen. Ausser in der Kommunity. Seither haben wir Frieden. In den meisten Ländern jedenfalls. Mein Vater meint, das halte nicht lange. Ich weiss nicht. Rosszko kam mit dem Flugschiff, und das Flugschiff schwebte majestätisch heran, denn Rosszko ist eine Majestät, wenn er auch nicht gekrönt ist. Könige sind ohnehin altmodisch.
Es war ein grosses Fest. Die lokalen Chefs auf der Tribüne, in der Mitte Rosszko. Wie früher der Papst. Ich war nie Anhänger des Papstes. Eher Freikirchler. Für uns war nicht der Staat wichtig, sondern die kirchliche Gemeinschaft. Aber seit Rosszko die Kräfte zusammenfasst, kann man das nicht so genau unterscheiden. Jedenfalls meiner Ansicht nach. Wir waren früh unterwegs, zwei Stunden, standen auch eine Weile im Stau, denn es gab nicht genügend Parkplätze. So mussten wir am Strassenrand parkieren, wie Tausende andere auch.
Rosszkos Flugschiff schwebte heran, und eigentlich war es unser Flugschiff; das sagte Rosszko auch in seiner Rede: dass alles der Kommunity gehört. Also uns. Selbst das Flugschiff. Alles sei im Besitz der Kommunity. Seine Aufgabe sei lediglich die Organisation des Ganzen. Und wir seien Teil der Organisation. Ich hoffe, dass ich endlich eine Stelle bei der Kommunity finde.
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Andreas KöhlerLessingstrasse 2CH - 9008 St. GallenDr. med. / FMH Psychiatrie und Psychotherapie